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Oberelbe-Marathon 2015 - Niels Bubel

Der Ober­el­be-Ma­ra­thon ist eine ganz be­son­de­re und reiz­vol­le Lauf­ver­an­stal­tung in Deutsch­land. Das hat vie­le Grün­de. Nach­dem ich be­reits 2013 beim Lauf­spek­ta­kel an der Elbe da­bei war und den zwei­ten Platz mit Best­zeit im Halb­ma­ra­thon be­legt hat­te, war mir klar, dass ich wie­der zu­rück kom­men muss, um die ge­sam­te Di­stanz zu ab­sol­vie­ren. Die­ses Jahr war es so­weit.

Das ab­wechs­lungs­rei­che Pro­fil, das die Läufer/innen auf dem ers­ten Teil der Stre­cke bis nach Pir­na for­dert, ge­fiel mir be­son­ders gut. Über die Kon­kur­renz wuss­te ich nicht viel. Der Pole Maciek Mie­recz­ko, der schon vie­le Jah­re in Deutsch­land lebt und in­zwi­schen eine Fa­mi­lie mit zwei Töch­tern hat, und auch der Vor­jah­res­sie­ger aus der Ukrai­ne wa­ren an­ge­kün­digt ge­we­sen. Dazu ge­sell­te sich der Äthio­pi­er Si­yo­um Lem­ma, der in der Haupt­stadt Ad­dis Ab­be­ba lebt.

Das Or­ga­ni­sa­ti­ons­team un­ter der Re­gie von Uwe Sonn­tag weiß, wor­auf es für die Läu­fe­rin­nen und Läu­fer an­kommt. Nach ei­ner an­ge­neh­men Nacht im Do­rint-Ho­tel in Dres­den ver­lief die mor­gend­li­che “Son­der­fahrt” mit dem Zug von Dres­den zum Start­punkt aus­ge­zeich­net. Mit da­bei wa­ren mein Trai­ner, Volk­mar Scholz, mein Ver­eins­ka­me­rad, Hol­ger Lei­dig, und mei­ne Freun­din. Di­rekt ne­ben dem Bahn­hof Kö­nig­stein be­fand sich der Start­be­reich mit Ge­päck­ab­ga­be. Wirk­lich ent­spannt, stand ich um 9:25 Uhr an der Start­li­nie be­reit. Ich freu­te mich auf den Ma­ra­thon und wie sich das Ren­nen ent­wi­ckeln wür­de. Der Stre­cken­re­kord lag bei 2:25 Stun­den und ich trau­te mir zu, die­se Mar­ke zu un­ter­bie­ten. Das wäre eine neue Best­zeit. Ein letz­tes Schul­ter­klop­fen mit Hol­ger, dann ging es los. Mei­ne Freun­din ver­folg­te das Ren­nen vom hin­ter­her­fah­ren­den Damp­fer. Mein Trai­ner be­glei­te­te mich auf dem Rad. Selbst­be­wusst be­gann ich das Ren­nen. Der Ukrai­ner war gar nicht da­bei. Wir wa­ren zu dritt un­ter­wegs. Der Pole und der Äthio­pi­er über­lie­ßen mir die Rol­le des Tem­po­ma­chers.

Die ers­ten 5 Ki­lo­me­ter wa­ren sehr ru­hig, ca. ein 3:30er Schnitt pro Ki­lo­me­ter. Wenn man je­doch be­denkt, dass es auf den ers­ten 10 Ki­lo­me­ter und in der Alt­stadt von Pir­na ei­ni­ge Hö­hen­me­ter zu be­wäl­ti­gen gilt, dann war das gar nicht so ru­hig. Die Schön­heit der Land­schaft ließ mich die An­stie­ge und das Tem­po nicht spü­ren: Die fel­si­gen Stei­ne mit der Bas­tei hoch über der Elbe, die schon vie­le Ma­ler in­spi­riert hat; die sanf­ten Bie­gun­gen der Elbe, die nach vie­len re­gen­lo­sen Wo­chen we­nig Was­ser Rich­tung Nord­see bringt; das sich öff­nen­de Tal auf dem Weg nach Dres­den. Die­se Ein­drü­cke mo­ti­vier­ten mich mit dem Tem­po zu spie­len und nicht stän­dig auf die Uhr zu schau­en.

Bei ei­nem An­stieg ir­gend­wo bei Ki­lo­me­ter 10 ließ der Pole eine Lü­cke rei­ßen. Da­mit hat­te ich nicht ge­rech­net. Nun über­leg­te ich, wie stark der Äthio­pi­er sein wür­de. Ich ließ ihn vor mir lau­fen. Er zeig­te sich be­reits bei Ki­lo­me­ter 15 an­ge­strengt. Sein Lauf­stil wirk­te nicht rund. Was ich erst nach dem Ren­nen er­fah­ren soll­te: Er hat­te eine Wo­che zu­vor den Bonn-Ma­ra­thon ge­won­nen. Ich ver­mu­te, dass er sich da­von noch nicht er­holt hat­te. Im­mer­hin lau­tet sei­ne Ma­ra­thon-Best­zeit 2:10 Stun­den. Ich ent­schied mich dazu, dass Tem­po hoch zu hal­ten. Wir wa­ren jetzt mit ca. 3:20 Mi­nu­ten pro Ki­lo­me­ter un­ter­wegs. Der Lauf war nach mei­nem Deut­schen 50km Meis­ter­ti­tel eine Zu­ga­be. Ich woll­te Er­fah­rung sam­meln. Ich fühl­te mich so stark, dass ich ei­nen Zwi­schen­spurt ein­leg­te und ver­such­te, den Äthio­pi­er in der kur­vi­gen Alt­stadt von Pir­na ab­zu­hän­gen. Schnell war klar, dass er mir nicht fol­gen wür­de. Mein Ab­stand wuchs sehr schnell auf 50 Me­ter an.

Zu­rück auf dem Elb­rad­weg in Rich­tung Dres­den ließ ich es dann ein­fach lau­fen. Doch viel lang­sa­mer wur­de es nicht wirk­lich. Die Uhr bei der Halb­ma­ra­thon­mar­ke zeig­te 71:18 min. an. Ich wuss­te, dass der ers­te Ab­schnitt Kraft ge­kos­tet hat­te, die mir nun feh­len könn­ten. Ich folg­te dem Rat mei­nes Trai­ners, dass Tem­po zu re­du­zie­ren. Die Best­zeit konn­te mir kei­ner mehr neh­men. Der Sieg wur­de von Ki­lo­me­ter zu Ki­lo­me­ter im­mer wahr­schein­li­cher. Den­noch konn­te ich mir nie rich­tig si­cher sein.

Nun wa­ren auch im­mer mehr Schau­lus­ti­ge an der Stre­cke zu se­hen, die mich erst et­was ver­dutzt an­schau­ten und dann auch ap­plau­dier­ten. Auf der Höhe des Blau­en Wun­ders wuss­te ich, dass ich nun noch ein­mal al­les ge­ben konn­te. Nach 38 Ki­lo­me­tern war das aber kei­ne Wohl­tat mehr. So fühlt sich Ma­ra­thon an, wenn die Bei­ne schwe­rer und der Kör­per mü­der wird. Ich hielt da­ge­gen an. Gleich­zei­tig frisch­te der Wind, der nun vor­ne kam, auf. Nun hat­te ich nur noch ei­nes im Sinn: das Ziel. Ich re­gis­trier­te zwar sehr wohl die Zu­schau­er, die mich auch in Dres­den in gro­ßer Zahl von der hö­her ge­le­ge­nen Alt­stadt­mau­er an­feu­er­ten, rich­tig freu­en konn­te ich mich aber erst beim Ein­lauf in das Heinz-Stey­er-Sta­di­on. Dort konn­te ich die letz­ten 200 Me­ter ge­nie­ßen und lief un­ter gro­ßem Bei­fall bei 2:23:38 Std. durch das Ziel­band.

Si­yo­um Lem­ma kam nach 2:26:48 Stun­den ins Ziel und Maciek Mie­recz­ko eine Mi­nu­te da­hin­ter nach 2:27:40 Stun­den. Auch wenn der Äthio­pi­er mit sei­ner Zeit nicht zu­frie­den schien, bei der Sie­ger­eh­rung zeig­te auch er ein klei­nes Lä­cheln. Drei Ma­ra­thon­läu­fer aus drei ver­schie­de­nen Na­tio­nen stan­den auf dem Sie­ger­po­dest und wur­den vom ehe­ma­li­gen Eu­ro­pa­meis­ter über 10.000 Me­ter und ei­nem der bes­ten deut­schen Lang­stre­cken­läu­fer der letz­ten Jah­re, Jan Fit­schen, ge­ehrt. Das war ein tol­ler Ab­schluss.

Ich wer­de mich si­cher­lich noch sehr lan­ge an die­sen Tag des Ober­el­be-Ma­ra­thons mit sei­nen viel­fäl­ti­gen po­si­ti­ven Ein­drü­cken er­in­nern, die mir er­neut ge­zeigt ha­ben, dass in mir ein Lang­stre­cken­läu­fer steckt, der Lust auf mehr sol­cher Ma­ra­thon­läu­fe hat, denn die­ser Lauf war in vie­ler Hin­sicht mein bis­lang schöns­tes Er­leb­nis. Auch wenn Deut­sche Meis­ter­schaf­ten im Blick auf den sport­li­chen Wett­streit viel hö­her zu be­wer­ten sind, möch­te ich auch die an­de­ren Läu­fe nicht mis­sen. Ich habe so vie­le po­si­ti­ve Ein­drü­cke und Mo­ti­va­ti­on ge­won­nen, die mir auf mei­nem Weg wei­ter­hel­fen wer­den.

Er­geb­nis­se